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Antrag 7 zur 161. Vollversammlung: Studierende sozial besser absichern

Dieser Antrag wurde mehrheitlich zugewiesen.
GLB, Komintern, BDFA: ja;
FSG, ÖAAB, FA, GA, Persp., BM, Türkis: für Zuweisung

Die soziale Lage Studierender in Österreich stellt sich alles andere als rosig dar. Die soziale Absicherung Studierender ist in vielen Bereichen unzureichend und erschwert insbesondere Studierenden aus einkommensschwachen Schichten das Studium bzw. verunmöglicht einen entsprechenden Abschluss.

Insbesondere folgende Sachverhalte stellen sich dabei für Studierende hinsichtlich ihrer sozialen bzw. sozialversicherungsrechtlichen Absicherung als besonders problematisch dar:

  • Die Mitversicherung bei den Eltern ist abhängig von Kriterien wie Leistungsnachweis und Alter (bis 27). Wird eine entsprechender Leistungsnachweis nicht erbracht bzw. das Alter überschritten besteht die Möglichkeit einer studentischen Selbstversicherung (51,55 Euro) im Monat, wenn u.a. ein Jahreseinkommen von Euro 8.000 nicht überschritten wird, bzw. die Mindeststudiendauer plus ein Semester pro Abschnitt um nicht mehr als vier Semester überschritten wird. Werden diese Kriterien – z.B. aufgrund nebenberuflicher Tätigkeiten, mangelnden Lehrangebots etc. – nicht erfüllt, fällt die allgemeine Selbstversicherung an (Beitragssatz 369,72 Euro/Monat), die insbesondere für ältere Studierende eine besonders schwerwiegende Belastung darstellt und diese in eine finanziell prekäre Situation bringt.
  • Die Verdienstfreigrenzen bei Bezug von Studienbeihilfe, Studienzuschuss (Ersatz der Studiengebühren) und/oder SelbsterhalterInnenstipendium liegt derzeit bei über 8000 Euro im Jahr. Die Zuverdienstgrenze bei  der Familienbeihilfe liegt dagegen bei 10.000 Euro brutto jährlich. Sinnvoll wäre es, die Zuverdienstgrenze beim Stipendium jener der Familienbeihilfe anzupassen, nicht zuletzt, da das durchschnittliche Stipendium zwar ohnehin kaum zum Leben reicht, eine Überschreitung der Grenze von 8000 Euro allerdings eine Kürzung der Studienbeihilfe mit sich bringt.
  • Nur 15 % der Studierenden beziehen – laut Studierenden-Sozialerhebung des IHS 2011 – die konventionelle Studienbeihilfe. Die Höchstbeihilfe auswärtiger Studierender bzw. von Vollwaisen beläuft sich dabei auf monatlich Euro 679, jene der Studierenden mit Eltern am Studienort bei 475 Euro. Die durchschnittliche konventionelle Studienbeihilfe beläuft sich allerdings bei lediglich 272 Euro/Monat, liegt also deutlich unter den möglichen Höchstbeihilfen und deckt nicht annähernd die Kosten für den Lebensunterhalt.·
  • Praktika sind in einigen Studienrichtungen vorgeschrieben und Grundvoraussetzung für den Studienerfolg. Die meisten Praktika sind allerdings entweder gar nicht oder nur marginal bezahlt. Somit werden StudentInnen in prekäre Arbeitsverhältnisse gezwungen oder können aufgrund notwendiger Lohnarbeit Praktika nicht absolvieren, was den Studienfortgang beeinträchtigt bzw. verunmöglicht.
  • Laut der aktuellen Erhebung des IHS und der ÖH zur finanziellen Lage der Studierenden 2013 können sich 20 % der Studierenden bei Bedarf das Semesterticket bzw. die Jahreskarte für öffentliche Verkehrsmittel ohne Unterstützung nicht leisten. Auch Wohnen für Studierende wird immer teurer: Im Schnitt müssen Studierende für ein 9 bis 12 qm großes Einzelzimmer zwischen 280 und 340 Euro zahlen. Da die Bundesregierung öffentliche Fördermittel für die Sanierung und den Neubau von Heimen gestrichen hat, ist mit einer weiteren Verschlechterung der Situation zu rechnen. Heime müssen schließen oder sind gezwungen, ihre Preise deutlich – um etwa 15 bis 20 %  – zu erhöhen.
  • Die Altersgrenze für den Bezug der Familienbeihilfe  wurde 2011 von 26 auf 24 Jahre gesenkt. Betroffen vom Verlust der Familienbeihilfe – einem wichtigen finanziellen Standbein für Studierende – sind einmal mehr insbesondere erwerbstätige StudentInnen. Bei Überschreiten der Zuverdienstgrenze von aktuell 10.000 Euro wird zusätzlich die Familienbeihilfe nicht nur gestrichen, sie muss auch zurückgezahlt werden. Das verursacht zusätzliche soziale Härten. Gleichzeitig dürfen Studierende innerhalb der ersten 2. Semester maximal zweimal das Studium wechseln, ohne den Anspruch auf Studienbeihilfe/Familienbeihilfe zu verlieren. Ein derartiger Studienwechsel ist allerdings vielfach einer Studiensituation geschuldet, die berufstätigen Studierenden bzw. Studierenden mit Betreuungspflichten einen Wechsel der Studienrichtung  geradezu aufzwingt.
  • Ausländische Studierende (aus Nicht-EWR Ländern) müssen seit der Novellierung des Universitätsgesetzes im Sommersemester 2013 doppelte Studiengebühren zahlen. Das begünstigt Studierende, deren Eltern für die Lebenserhaltungskosten der Studierenden aufkommen können. Ökonomisch schlechter gestellte Studierende werden somit aus dem Hochschulsystem gedrängt. Zusätzlich haben jene keinen Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt, das heißt sie können sich den Lebensunterhalt nicht einmal erarbeiten.

Es braucht daher ein Bündel an Maßnahmen, um die soziale Situation von Studierenden, insbesondere von berufstätigen Studierenden sowie StudierendInnen aus einkommensschwachen Schichten zu verbessern.

Die 161. Vollversammlung der Arbeiterkammer Wien möge daher beschließen:
Die AK-Vollversammlung fordert die Bundesregierung sowie den Gesetzgeber auf insbesondere folgende Maßnahmen zu einer besseren sozialen Absicherung von Studierenden zu setzen:

  • Die studentischen Selbstversicherung muss unabhängig von der Einhaltung der Mindeststudienzeit ermöglicht werden.
  • Die Zuverdienstgrenze zur Studienbeihilfe und zur Familienbeihilfe sollen auf 10.000 Euro brutto jährlich vereinheitlicht werden. Die Möglichkeit der Kürzung von Studienbeihilfe/Familienbehilfe bei Überschreitung der 10.000 Euro-Grenze soll zwar weiterhin möglich sein, die Rückzahlung bereits bezogener Familienbeihilfe soll allerdings als unverhältnismäßige Härte wegfallen.
  • Die Studienbeihilfe ist zu valorisieren, der Bezug der Studienbeihilfe an die Studiensituation der unterschiedlichen Studierendengruppen anzupassen. Insbesondere sind Toleranzsemester auszuweiten.
  • Auch Pflichtpraktika müssen entgolten werden. Dazu sind in Kollektivverträgen entsprechende Regelungen zu treffen, wobei als absolute Untergrenze die aktuelle Höhe der Mindestsicherung eingezogen werden muss. Sollte auf KV-Wege keine Regelung möglich sein, hat der Gesetzgeber eine entsprechende Einkommensuntergrenze festzulegen.
  • Die AK fordert zusätzlich ein leistbares StudentInnenticket für öffentliche Verkehrsmittel (unabhängig vom Alter) sowie den gezielten Ausbau von leistbaren Studierendenwohnheimen sowie Obergrenzen bei Benützungsentgelten für Studierendenwohnheimen.
  • Die Altersgrenze zum Bezug der Familienbeihilfe ist auf 28 Jahre zu erhöhen. Zusätzlich fordert die AK einen Wegfall der Wechselfrist von zwei Semestern da zum Bezug der Familienbeihilfe ohnehin ein Leistungsnachweis erbracht werden muss.
  • Der offene und freie Hochschulzugang, wie auch die Öffnung des Arbeitsmarkts muss für Studierende  unabhängig ihrer Herkunft möglich sein. Wer hier studiert, muss einer legalen Arbeit nachgehen dürfen.