Die Universitäten und ihre ganz speziellen Entscheidungsgremien

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An den Universitäten ist manches anders – nicht nur in Zeiten von Protesten. Das Universitätsgesetz 2002 (in Folge UG) war auch das Ausgliederungsgesetz für die 21 staatlichen Universitäten mit 1.01.2004. Mit der letzten Novelle, die mit 1.10.2009 in Kraft getreten ist, haben sich in einigen Bereichen wichtige Änderungen ergeben. Nach fünf Jahren also einmal an der Zeit, einige der im UG festgelegten Entscheidungsgremien – die es in dieser Art eben nur an den Universitäten gibt – zu beleuchten und vorzustellen:

Universitätsrat
Der Universitätsrat ist in manchen Bereichen durchaus einem Aufsichtsrat vergleichbar. Er trifft die wesentlichen und grundlegenden Entscheidungen, die die Universität betreffen. Er besteht aus fünf, sieben oder neun Mitgliedern, die „in verantwortungsvollen Positionen in der Gesellschaft, insbesondere in Wissenschaft, Kultur oder Wirtschaft, tätig sind oder waren“. Ein Teil der Mitglieder wird vom Senat der Universität gewählt, ein Teil von der Bundesregierung auf Vorschlag des Bundesministers/der Bundesministerin bestellt. Das letzte Mitglied wird dann von diesen Mitgliedern bestimmt (soweit so kompliziert).

Seit der Ausgliederung der Universitäten 2004 wurde gefordert, dass die Betriebsratsvorsitzenden des Betriebsrates des allgemeinen und des Betriebsrates des wissenschaftlichen/künstlerischen Personals Sitz und Stimme im Universitätsrat erhalten. Die Novelle des Universitätsgesetzes sieht jetzt zwar ein Stimmrecht vor, allerdings sehr eingeschränkt nur für Punkte, die die Betriebsräte selbst auf die Tagesordnung setzen lassen. Hier scheiden sich noch die Rechtsmeinungen, wie dies dann in der Praxis ausgelegt werden kann – wir sind gespannt.

Senat
Der Senat ist das einzige, nach Universitätsgesetz festgelegte demokratisch gewählte Organ im Uni-Konzept. Er entscheidet seit der UG Novelle 2009 selbst ob er aus 18 oder 26 Mitgliedern besteht.13 oder 9 Uni.Prof., 6 oder 4 Personen vom Mittelbau, 6 oder 4 Studierende und 1 Person vom Allgemeinen Personal. Somit ist erfreulicherweise die absolute Mehrheit der Professorenkurie gebrochen – dafür verliert der Senat durch die Novelle  leider an politischen Einfluss. Die Ausschreibung zur Wahl der Rektorin (zur Zeit leider in Österreich nicht vorhanden) oder des Rektors, ist in der alten Fassung vom Senat ausgeschrieben worden – jetzt macht das der Universitätsrat. Falls es zu keiner Einigung kommt – übernimmt das Ministerium!

Wo früher dem Senat die Benennung eines Dreiervorschlag für die Wahl des Rektors vorbehalten war, wird jetzt eine Findungskommission zwischengeschaltet. Diese besteht aus der/dem Vorsitzenden des Universitätsrats und der/dem Vorsitzenden des Senats. Falls es hier zu Versäumnissen kommt, springt der Unirat ein!

Erfreulich ist die 40% Quote für Frauen – diese Neuerung wird ausführlich unter Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen vorgestellt.

Weiters ist der Senat unter Anderem für folgendes zuständig:
Mitsprache in dienstrechtlichen Belangen, Stellungnahme (Zustimmung) zu dem vom Rektorat erstellten Entwurf des Entwicklungs- und Organisationsplans, Änderung der Größe des Universitätsrats und Wahl von Mitgliedern des Universitätsrats, Mitwirkung an Habilitations- und Berufungsverfahren, Erlassung und Änderung der Curricula für ordentliche Studien und Lehrgänge, Erlassung und Änderung der Satzung (gewissermaßen die Verfassung der Universität) auf Vorschlag des Rektorats.

Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen
Es war und ist Aufgabe des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen (in Folge AKGL) Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts entgegenzuwirken. Seit der Novellierung des Universitätsgesetzes, die mit 1.10.2009 in Kraft getreten ist, ist der AKGL auch für die anderen Diskriminierungstatbestände (festgeschrieben im Bundesgleichbehandlungsgesetz), nämlich ethnische Zugehörigkeit, Religion, Weltanschauung, Alter oder sexuelle Orientierung, zuständig – ein wichtiger Schritt. Gerade beim Bereich des allgemeinen Personals, wo bereits eine Frauenquote weit über die „magische“ Marke von 40% erreicht ist, muss auf die anderen möglichen Diskriminierungen geschaut werden. Hier ist es gerade das Alter, das wohl – versteckt oder offen – oft genug Grund sein wird, jemanden nicht einzustellen oder auf andere Art und Weise zu diskriminieren.
Anmerkung: „magisch“ bedeutet in diesem Zusammenhang, das im UG spezielle Frauenfördermaßnahmen vorgesehen sind für Bereiche, in denen keine 40%ige Frauenquote erreicht ist.

Der AKGL hat durch die Novelle des Universitätsgesetzes noch eine weitere wichtige Aufwertung erfahren: er kann nun die Zusammensetzung aller Kollegialorgane (zB Senat, diverse Kommissionen) an der Universität beeinspruchen, wenn in diesen nicht mindestens 40% Frauen vertreten sind. Das ist wichtig und richtig, auch wenn für uns als Mitglieder im AKGL dadurch eine Menge an neuer Aufgaben auf uns zukommt. Jetzt wäre es noch wünschenswert, wenn die Arbeit im AKGL aufgewertet würde – wir werden das immer wieder einfordern.

Die Mitglieder der AKGLs an den einzelnen Universitäten werden übrigens ganz unterschiedlich bestellt – an manchen Unis durch Wahl (so auch an der Medizinischen Universität Wien), an manchen Unis werden Hearings durchgeführt, um zu entscheiden, wer mitarbeiten darf.

Arbeit in Gremien (Senat, AKGL, natürlich auch Betriebsrat) kostet Zeit und Engagement und ist in den meisten Fällen zusätzlich zur bzw. neben der Erwerbsarbeit aufzubringen. Als (noch) eher kleine Gruppe ist es oft schwierig, dies alles unter einen Hut zu bringen. Aber: wir sind von dieser – unserer wichtigen Aufgabe „überzeugt“ – und wenn ihr LeserInnen Lust und Interesse an dieser Arbeit habt oder auch mehr wissen wollt, meldet euch bitte bei info@imun-ug.info.

Die AutorInnen: Ernst Eigenbauer, Ingrid Sperlich und Ulrike Stein
sind (Ersatz-) Mitglieder im Betriebsrat und im AKGL an der Medizinischen Universität Wien


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