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Der Mensch lebt im Kapitalismus in einem ständigen Zwiespalt: sie und er müssen sich zurichten, damit sie in der Konkurrenz überleben. Abstrakte „Leistung“ ist das einzige, was zählt. Geld soll und muss mehr werden. Unter die Räder kommen Liebe, Sanftheit, Lebensfreude, Genuss, Muße, Zärtlichkeit, Aufeinandereingehen, Zeitvergeudung und noch vieles mehr.

Ganz ohne diese Eigenschaften kann aber kein Mensch leben und vor allem Kinder, die künftigen „Arbeitskräfte“ des Kapitals, müssen ein Mindestmaß an Zuwendung erfahren, damit sie für das Kapital funktionsfähig sind.

Der Kapitalismus löst diesen Widerspruch, indem er die „sanften, liebevollen“ Seiten einer Gruppe von Menschen zuweist – den Frauen. Während die andere Gruppe die „harten, konkurrenzfähigen“ Aspekte verkörpern soll und verkörpern muss – die Männer.

Schon dieses System der Zweigeschlechtigkeit ist ein Zwangskorsett. Allein das biologische Geschlecht ist keineswegs binär, sondern weist viele Übergänge auf. Nochmehr ist aber die psychische und sexuelle Konstitution ein Kontinuum vieler verschiedener Eigenschaften und ihrer unendlich vielfältigen Kombination.

Für die als „Frauen“ und „Männer“ definierten Menschen hat die kapitalistische Zweigeschlechtigkeit fatale Konsequenzen. Sie führt zu Spaltungen in der Persönlichkeit, zur Zurichtung der Kinder, und nicht zuletzt zu einer massiven Ungleichverteilung von Produktionsmitteln (vor allem im Besitz von Männern) und Vermögen (ebenfalls vor allem im Besitz von Männern). Auch innerhalb der Lohneinkommen ist diese Spaltung enorm: Frauen verdienen immer noch weniger als Männer.

Der Ansatz der Geschlechterdemokratie versucht diese Ungleichheiten zu überwinden. Allerdings ist er selbst in gewissem Sinn problematisch. Versucht er doch die Integration von „Frauen“ in ein strukturell „männliches“ System. Die als „weiblich“ definierten Qualitäten bleiben dabei ebenso auf der Strecke wie der konkurrenzgetrimmte Leistungsidiot „Mann“ unhinterfragt die „Benchmark“ abgibt. Vor allem aber wird von einer eingeschränkten „Geschlechterdemokratie“ die dem Leiden am Geschlecht zugrundeliegende Struktur des Kapitalismus, die die Welt in Wert und Nicht-Wert, Arbeit und Nicht-Arbeit, Produktion und Re-Produktion spaltet, nicht angetastet.

Grund genug, das Konzept „Geschlechterdemokratie“ kritisch zu hinterfragen und weiterzuentwickeln.

Das versucht auf seine Weise und mit unterschiedlichen Fragestellungen und Zugängen der Sammelband „Über Geschlechterdemokratie hinaus“, der am 29.10. im Klagenfurter Hacek vorgestellt wird.

Die Publikation geht folgenden Fragen aus philosophisch-politischer, rechtswissenschaftlich-zeitgeschichtlicher, feministischer und kulturwissenschaftlicher Sicht auf den Grund:

In welchem Spannungsverhältnis stehen repräsentationspolitische bzw. effektiv demokratische, d.h. partizipative Elemente zur Ausgrenzung bzw. Teilhabe von Frauen an der Machtausübung?

Welche Implikationen haben die Veränderungen in der Normsetzung bezüglich gleich- bzw. verschiedengeschlechtlicher PartnerInnenschaften für die demokratische Verfasstheit der Gesellschaften insbesondere der EU Länder und umgekehrt: Welche Demokratisierungseffekte haben mit zu diesen Normsetzungsprozessen geführt?

Ein besonders lesenswerter Beitrag ist als Download auf der Website von Mitherausgeberin und Autorin Utta Isop verfübar: Geschlechterbasisdemokratie. Fünf Forderungen queerer Politik.

Buchpräsentation „Über  Geschlechterdemokratie hinaus. Beyond Gender Democracy“ am 29. Oktober 2009, ab 19.00 im Hacek, Paulitschgasse 5-7, 9020 Klagenfurt.

1 Kommentare am 22. Oktober 2009

One Response to “Buchpräsentation: Über Geschlechterdemokratie hinaus – 29.10., 19.00, Klagenfurt, Hacek”

  1. Es gibt jetzt auch eine Diskussionsplattform für Männer und Frauen zum Thema Geschlechterdemokratie – auf Facebook gefunden …

    LG Andreas Berger

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